Vor vielen Jahren – als noch Pferde über die Straßen trabten – war ein Knecht in einer ungewöhnlich kalten Nacht für diese Jahreszeit von Alvesse nach Wipshausen unterwegs. Während die Wolken sich langsam vor dem hellen Vollmond schoben und der Wind durchs Roggenfeld brauste, hörte man von weitem noch das klagende „Huu-hu“ eines Waldkauzes.
Die Füße schwer vom Schnaps, den er zuvor beim Kartenspiel trank, fasste der trinkfreudige Bursche den Entschluss, durch das Roggenfeld abzukürzen. Die Geschichten vom Korndämon, die man sich im Dorf erzählte, waren ihm wohl bekannt. Ein rachsüchtiger Geist, der in Form einer schaurigen Vogelscheuche oder einer abgemagerten alten Frau mit einem Kranz aus blutrotem Klatschmohn auf dem Kopf und Kornblumen in ihren Zöpfen geflochten erschien. Man erzählte, dass der Dämon all jenen unvorstellbares Unheil brachte, die es wagten, die harte Arbeit der anderen zunichtezumachen – zum Beispiel, indem sie die hochstängeligen Ähren zertraten.
Built with Mobirise
HTML Page Builder