Über der Eingangstür des Lokals flackerte ein altes Neonschild, auf dem man nur noch das Wort „Bar“ erkennen konnte. Innen war es schummrig beleuchtet – ein Hauch von transgalaktischen Tintenfischringen lag in der Luft. Eigentlich ganz gemütlich.
„Ich heiße Onytri. Und wie ist dein Name?“, fragte das Alien den Unbekannten.
„Ich bleibe nie lang. Es wäre sinnlos, dir meinen Namen zu verraten.“
In der Zwischenzeit hatte sich die Kordel der Tasche etwas gelöst, die wie schon zuvor dicht neben ihm auf dem Tisch stand – Onytri schaute neugierig hinein.
„Ist das eine Kamera da drinnen? Dann nenne ich dich einfach Fotograf.“, beschloss sie, ohne eine Antwort abzuwarten. „Was treibt dich hierher?“
„Ich besuche hier einen alten Freund. Er repariert etwas für mich.“
Onytri legte ihren Kopf leicht schräg und schaute ihn mit fragendem Blick an. Er lächelte:
„Du bist ganz schön neugierig. Wenn du möchtest, erzähle ich dir die ganze Geschichte, während wir auf das Essen warten.“
Das Angebot war zu spannend, um es abzulehnen.
„Ich wollte auf Ladnoi-4 ein paar Vorräte auffüllen. Es ist ein dunkler Planet – voller Gauner, aber auch mit leckeren Lebensmitteln. Mir war klar, dass ein alter Bekannter es schon seit einer Weile auf die Kamera abgesehen hatte – ich war zu unvorsichtig. Er muss mir gefolgt sein und als ich sie nur für einen Moment aus den Augen ließ, stahl er sie.“
„Warum kauft er sich keine eigene?“, fragte Onytri.
Der Fotograf zog die Tasche mit der Kamera näher zu sich heran.
„Sie ist etwas Besonderes.“, sagte er, woraufhin es aus der Tasche leise surrte.
Es war schon spät auf Ladnoi-4, als der Fotograf die kleinen, aus Gerümpel zusammengebauten Stände auf der Suche nach guten Vorräten für seine anstehende Reise abklapperte. Die Wolken färbten sich in schmutzigem Lila und hingen schon tief über dem Markt. Die besten Sachen waren längst verkauft und es lag der schwere Geruch von Regen in der Luft. Allerdings roch es nicht nach einem sanften Sommerregen – nein, auf Ladnoi-4 war der Regen viel saurer. Niemand blieb bei so einem Wetter länger draußen als nötig. Der Fotograf sah sich gerade eine unidentifizierbare dunkelgrüne, stachelige Frucht an – wobei es vielleicht auch ein Tier war – als sich plötzlich jemand die Tasche griff und weg rannte.
„Und was hast du dann gemacht?“, fragte Onytri.
„Ich rannte hinterher. Es war inzwischen aber fast dunkel, die Gassen auf Ladnoi-4 sind kaum beleuchtet, und es wurde immer schwieriger, den Dieb zu sehen. Er hatte aber das gleiche Problem, und als er dachte, er hätte mich abgehängt, lief er direkt zu seinem Auftraggeber. Er hielt sich in einem alten, verfallenen Lagerhaus auf.“
„Und du bist einfach rein gegangen?“
„Nein, nicht ganz. Ich schickte den Mondi auf die gegenüberliegende Hallenseite.“
„Wer ist Mondi?“, fragte Onytri, während sie sich vor Spannung an ihrem Glas festhielt.
„Oh, Verzeihung. Das ist mein Schiff. Klein, alt, aber treu.“
„Und das hat funktioniert?“
„Ja. Naja, zum größten Teil.“
Die Triebwerke des Mondis jaulten auf, und das helle Licht seiner Scheinwerfer flutete die Halle durch die teils kaputten Fenster und warf lange Schatten der Schrotthaufen und staubigen Maschinen, die überall in der Halle verteilt standen. Die Gauner rannten sofort mit gezogenen Waffen raus, um nachzusehen, was los war. Dabei ließen sie die Kamera auf einer alten, rostigen Maschine liegen – im Glauben, sie wäre dort sicherer. Die perfekte Gelegenheit für den Fotografen, sein Eigentum wiederzuholen. Er kletterte durch ein zerschlagenes Fenster, versuchte, sich nicht an den Scherben zu schneiden, und im Schutz des aufgetürmten Schrottes und der wenigen Schatten, – ja, der Mondi tat sein Bestes... Vielleicht zu viel – schaffte er es, bis zur Kamera. Doch kaum hielt er sie in Händen, blitzte ein Schuss durch die alte Lagerhalle.
„Oh, da kommt endlich unser Essen.“, unterbrach er sich selbst.
Onytri saß inzwischen mit großen Augen am Tisch und beugte sich vor Spannung nach vorn.
„Du kannst doch nicht an so einer Stelle aufhören, zu erzählen!“, rief sie.
Der Fotograf lachte.
„Ich erzähle ja schon weiter.“, sagte er, während er etwas von der Gabel schlürfte, das an einem Tentakel erinnerte.
„Da war ich also mit der Kamera in der Hand und Laserschüssen um die Ohren. Ich habe es irgendwie aus der Halle raus geschafft. Mir ist allerdings selber nicht ganz klar, wie genau. Mein Ziel war der Mondi. Er landete nicht komplett, als ich ihn erreichte, sondern blieb in der Luft. Gerade so weit über dem Boden, dass ich rein springen konnte. Dabei wirbelte er ganz schön viel Staub auf. Sah aber cool aus.“, scherzte er.
„Und dann bist du hierher geflogen?“
„Nicht direkt. Einer der beiden verfolgte mich.“